aus Arztsicht
‚Bis April soll ich mit meinem Termin warten? Bis dahin kann ich gestorben sein! Hören Sie, Fräulein, Frau Doktor kennt mich, ich bin quasi ihre beste Freundin. Da MUSS doch was früher drin sein. Da fragen Sie doch bitte bei Frau Doktor nochmal nach‘
Typisches Termintelefonat

Mit diesen oder anderen Dringlichkeiten füllt sich also der Kalender, bis er fast platzt. Längst ist das Limit, dass wir abrechnen könnten, überschritten.
Wenn ich mich dann morgens an den Tageskalender setze, dann pfeife ich schon mal Luft durch die Zähne. Das wird schon gut gehen, das muss dann aber laufen wie ein Uhrwerk: VIERTELSTUNDE!

Der Erfolg des Tages hängt gefühlt von den ersten drei Gesprächen ab. Wehe, die erste oder zweite Patient*in beginnt mit dem Satz:
‚Herr Doktor, Sie sind meine letzte Rettung!‘
Denn damit leitet sie meist die Geschichte einer langen tragischen und nie zur Zufriedenheit der Leidenden behandelten Krankheitsgeschichte ein, deren Stationen ausreichend gewürdigt werden müssen. Das Wurmloch (siehe Blog zuvor) krümmt sich aufs Äußerste, dreht und windet sich und verschlingt die VIERTELSTUNDE mit Haut und Haaren – oder?

Nein, nicht immer. Aber auch Ärzte sind nun mal so emotionale Personen, die nur RELATIV souverän mit dem von ihnen selbst gesetzten Takt des Kalenders umzugehen wissen.
Am Ende muss ich zugeben, weiß ich ÜBERHAUPT NICHT, welcher Tag in Erschöpfung enden wird, und welcher mich stimuliert und motiviert. Und selbst die ‚Rettung‘ suchende Patientin des Morgens kann sich als leicht zugänglich und gut therapierbar erweisen.
Aber warum sollte ich als Arzt auch über der Relativitätstheorie stehen? Mein Raum-Zeit-Kontinuum erweist als mindestens so verformbar, wie das meiner Besucher.